Montag, 18. März 2013 – Zwölfuhreinundfünfzig, um die sieben Grad. Grau. Gestern erneuter Wintereinbruch. Mir reicht’s jetzt aber mit der weißen Scheiße da draußen. Schließlich wäre gestern Saisonauftakt gewesen.
Wer, wie so viele, den Wert von Kunst nach ihrem Marktwert bemisst, sollte vielleicht einmal hieran erinnert werden: Ernest Meissionier war in den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts der berühmteste Maler Frankreichs, vielleicht der Welt. Seine feinziselierten Schlachtengemälde wurden von den Kritikern mit Lob überhäuft, vom Publikum bejubelt und von den Käufern zu Höchstpreisen ersteigert. Zur gleichen Zeit, als für sein Bild “Friedland” die bis dahin unerreichte Summe von 150.000 Franc geboten wurde, hat man die Bilder Edouard Manets ignoriert, verspottet und verrissen. Weil die offiziellen Salons Manets Werke immer wieder zurückwiesen, sah sich der Künstler im Frühjahr 1867 gezwungen, in der Nähe der Pont de l’Alma auf eigene Kosten einen Pavillon errichten zu lassen, um dem Publikum seine Bilder zeigen zu können. Die Leute kamen, aber “beim Anblick dieser Meisterwerke lachten sie. Ehemänner geleiteten ihr Gattinnen zur Pont de l’Alma. Frauen brachten ihre Kinder mit. Die ganze Welt wollte die seltene Gelegenheit nutzen, sich vor Lachen auszuschütten”, schreibt Manets Freund Antonin Proust. Kein einziges der Bilder wurde verkauft. Den Schlachtenmaler Meissonier kennen nur noch die Kunsthistoriker; Manet hingegen …
Nachlesen kann man das in dem Buch “Zum Frühstück ins Freie” von Ross King, das 2006 im Knaus Verlag erschienen ist. Es ist das am besten unterrichtete und unterhaltsamste Werk, dass ich über den Beginn der Moderne und über das Paris des 19. Jahrhunderts kenne. Lesen freilich wollte es so gut wie niemand. Es ist also noch zu haben.
Tot ist Henri Cornet, der während der Tour de France 1904 als Fünfter ins Ziel kam und dennoch Sieger wurde, weil den vier Erstplatzierten nachgewiesen werden konnte, dass sie Abkürzungen genommen und Teile der Strecke mit der Bahn zurückgelegt hatten. Cornet ist bis heute der jüngste Gewinner der großen Schleife.
Todestag hat auch der Schlagerkomponist Rudi von der Dovenmühle, dessen Stück “Fiesta” es in einer Version der Pogues gibt. Incredible.
Mittwoch, 6. März 2013 – Zehnuhrsiebenundvierzig, fünf Grad. Blau. Voll da, der Frühling.
Man muss Marlene Dietrich nicht mögen, ihr Auftreten nicht, ihre Stimme nicht, ihre Lieder nicht. Und doch gehört “Ich werde dich lieben bis zum Tod” noch immer zu meinen Lieblingsschlagern.
Rio Reiser allerdings muss man einfach mögen, seines Auftretens wegen, seiner Texte wegen und wegen seiner unsagbar traurigen Stimme. Nun finde ich auf Youtube eine Aufnahme von ihm mit eben jenem alten Dietrich-Song. Sechs Leute mögen das. Und ich erst.
Am 6. März 1458 wurde Friedrich Reiser in Straßburg verbrannt.