Samstag, 28. November 2009 – Achtuhrundsieben, siebenkommafünf Grad. Blau, rot, grau der Himmel.
Nach der Nachricht aus Baunatal die Polenreise abgesagt.
Gestern Abend mit B. in den Keller. Musikauswahl zum Liebesprogramm. Bis deutlich nach Mitternacht. Macht Spaß, wird gut.
Über die neue Familienministerin heißt es: “Bereits mit 14 Jahren trat sie in die Junge Union ein, als glühender Helmut Kohl-Fan.” Wahrhaftig, Kindheiten gibt es … Schicksale …
Die Lügen in der Schwarzgeld-Affäre, die für verrückt erklärten Steuerprüfer, der Rausschmiss des ZDF-Chefredakteurs. Vielleicht wird man dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und der ihn umgebenden Bande einmal dafür zu danken haben, dass sie es waren, die das Fass zum Überlaufen brachten. Gott, was für Fressen aber auch …
Aber stimmt schon, was gerade irgendwo zu lesen war: Nicht Koch ist das Problem, sondern jene, die zu feige sind, sich ihm in den Weg zu stellen.
Poppo von Paderborn ist tot. Und Enid Blyton.
Montag, 23. November 2009 – Fünfuhrachtzehn, achtkommaneun. Dunkel. Der Boden unter den Straßenlampen ein wenig feucht. Um kurz vor vier wach geworden vom Getröpfel auf die Fensterbank und vom heftigen Sturm. Mal ein scheues Haupt in die Welt strecken, immer bereit, es sofort wieder einzuziehen.
Weiß gar nicht mehr recht, wie das hier geht, wie es sich anfühlt, dieses kurze, rasche Hinlangen …
Mail-Stau auf dem Rechner. Alles nach hinten geschoben. Wie auch die Verabredungen, Verpflichtungen, Versprechungen. Langsam abarbeiten.
Das Schönste in den letzten Wochen: Nicht ans Telefon zu gehen und kein schlechtes Gewissen dabei zu haben.
Immer noch ganz aufgebracht von diesem dreisten Typen, der mich am Freitag nötigen wollte, in seinem “Polenta-Club” zu lesen. Überhaupt kam ich mir vor, wie am Nasenring vorgeführt. Schön dann aber, mit U. und Ch. und Ch. so verschwörerisch in der Küche zu stehen, zu wispern, zu lachen … Diebisch!
Und gestern dann, dieser aufs Angenehmste verplauderte Tag in der Nachbarschaft … So lässt es sich genesen.
Im Prospekt eines Weinhändlers lese ich über einen Winzer: “DER Shootig Star in Spanien, mit den höchstbewertesten Weinen aus Südspanien!” Abgesehen von den anderen Fehlern in diesem Unsatz: das Wort höchstbewertesten ist ein so hübscher Ausdruck verschlampten Denkens, das man es den Kindern zur Mahnung in jedes Lesebuch aufnehmen sollte: wert, werter, am Allerwertesten!
Mäandernde Lektüren: Maupassant, Capote, Walsers Fliehendes Pferd, Cechov, Carson McCullers, Tabucchi …
Louis Malle ist tot. Seiner zu gedenken, ist aus vielen Gründen angenehm.
Mittwoch, 14.Oktober 2009 – Sechsuhrfünfzig. Siebzehn Grad? Nee, kann ja nicht sein. Einskommasieben. Wach seit halbfünf – aber okay!
Countdown läuft. Noch siebzehn Tage bis zur Manuskriptabgabe. Gottlob kommt ab und zu von einem der schlecht behandelten Freunde eine letzte Anfeuerung!
Kurzer Sprung in die Geisterbahn. Aber was ist eigentlich gewesen? Vor lauter Arbeit von Sinnen.
Am Sonntag dieser kurzentschlossene Trip in die Rhön – dort aufs Mountainbike, wieder Kleinsassen, Danzwiesen, Milseburg, Milseburgtunnel. Aber schon vermischt sich die Erinnerung daran mit der Räuberpistole, die ich in den letzten beiden Tagen und Nächten darüber geschrieben habe.
Das Interview mit Sebastian Deisler – letzte Woche in der “Zeit” – nicht zu vergessen. Auf die Frage, welches sein schönstes Spiel gewesen sei, gibt er die denkbar unkämpferischste Antwort: “Ein Sieg gegen Stuttgart, damals bei Hertha. Ich habe kein Tor geschossen, das brauchte ich nicht zum Glück. Toll war: Das Spiel lief wie von alleine. Ich war eins mit ihm. Es kam zu mir.”
Schon, dass er sagt: “…das brauchte ich nicht zum Glück”, statt “das brauchte ich zum Glück nicht”.
Keiner tot?